12.05.2025
Ziel erreicht: Nach drei Jahren Entwicklungsarbeit hat das Projekt ATLAS-L4 die Blaupause für die Serienentwicklung autonomer Lkw geliefert. Die Zukunft kann kommen.
Vorreiter: Das ATLAS L4-Projekt schickte den ersten autonomen Lkw auf eine deutsche Autobahn.
Wenn ein Bundesverkehrsminister höchstpersönlich das Cockpit eines Trucks besteigt und als Beifahrer zehn Kilometer auf der Autobahn zurücklegt, muss ein außergewöhnlicher Tag sein. Und in der Tat – am Donnerstag, dem 18. April 2024, stand eine Premiere der ganz besonderen Art auf dem Programm: Zum ersten Mal sollte ein autonomer Lkw auf einer deutschen Autobahn unterwegs sein. Mit dem damaligen Verkehrsminister Volker Wissing an Bord.
Die juristischen Voraussetzungen dafür hatte ein 2021 verabschiedetes Gesetz geschaffen, das autonomes Fahren auf fest definierten Strecken unter technischen Aufsicht ermöglicht. Möglich wurde die technische Meisterleistung aber erst durch die Arbeit von rund 150 Ingenieurinnen und Ingenieuren im Rahmen des Projektes ATLAS-L4 (Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen im Level 4).
Am 1. Januar 2022 war der Startschuss für das ambitionierte Vorhaben gefallen. Seitdem arbeitete das Konsortium aus Ã×ÀÖÌåÓý Truck & Bus, Knorr-Bremse, Leoni, Bosch, Fernride, BTC Embedded Systems, Fraunhofer AISEC, Technische Universität München, Technische Universität Braunschweig, TÜV SÜD, Autobahn GmbH und Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH) intensiv an seinem gemeinsamen Ziel: einen Level-4-automatisierten und damit autonom fahrenden Lkw für den Hub-to-Hub-Transport auf die Schnellstraßen zu bringen.
Bilanz: Mit rund 200 Gästen und Fahrdemonstrationen wurde der Abschluss des Projektes gefeiert.
Um das zu erreichen, mussten die Projektpartner viele technische Herausforderungen bewältigen. So galt es beispielsweise, sicherheitsrelevante Komponenten wie ein redundantes Bremssystem, Bordnetz und Lenkung aufzubauen – unverzichtbar für eine Level-4-Architektur im Truck. Hinzu kamen ein Validierungskonzept, parallel dazu wurde das Control Center für die technische Aufsicht in Betrieb genommen. Risikoanalysen und Safety-Betrachtungen für das Fahren auf Level 4 fanden statt, unter anderem zur Cybersicherheit. Und immer wieder musste der autonome Lkw bei Erprobungsfahrten beweisen, dass er sich souverän auf der Autobahn bewegen konnte. Natürlich immer mit einem Sicherheitsfahrer an Bord.
Nachweis erbracht: Die Projektergebnisse können nun in die Serienentwicklung autonomer Lkw einfließen.
Rund drei Jahre und zahlreiche Versuchsfahrten später zogen die Projektpartner nun eine überaus positive Abschlussbilanz von ATLAS-L4. Anfang Mai präsentierten sie etwa 200 Gästen im Beisein von Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz die Ergebnisse von ATLAS-L4 – mit Fahrdemonstrationen auf dem Gelände des ADAC Testzentrums Mobilität in Penzing und auf der Autobahn, einer Ausstellung auf rund 1.000 Quadratmetern und wissenschaftlichen Fachvorträgen.
„Wir haben uns zusammen mit unseren Partnern ein hohes Ziel gesetzt und ein industrialisierbares Basiskonzept für das autonome Fahren im Hub-to-hub Einsatz verwirklicht“, resümiert Dr. Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei Ã×ÀÖÌåÓý Truck & Bus. „Die Entwicklung und Integration der für den sicheren Einsatz notwendigen redundanten Komponenten wie Lenkung, Bremse und Bordnetz sowie das Erstellen eines Validierungskonzeptes erforderte interdisziplinäre Kompetenz und enge Teamarbeit. Als Konsortium haben wir mit dem Projekt bewiesen: Autonom fahrende Lkw sind realisierbar!“
ATLAS-L4 hat dafür den Grundstein gelegt: Entstanden ist eine prototypische Technologie, die als Blaupause für weitere Projekte und Serienentwicklungen dienen kann – auch wenn für einen autonomen Truck in Serie noch diverse Detailfragen geklärt werden müssen, die das Projekt aufgezeigt hat. „Wir haben wertvolle Pionierarbeit geleistet, indem wir für die technische Machbarkeit von autonomen Trucks den praktischen Nachweis erbracht haben“, so Projektkoordinator Sebastian Völl von Ã×ÀÖÌåÓý Truck & Bus. „Diese Konzepte fließen nun in die weitere Entwicklungsarbeit zur Serienentwicklung von autonomen Lkw ein.“
Der Bedarf an fahrerlosen Trucks dürfte in den kommenden Jahren stark steigen – vor allem für Pendelfahrten zwischen Logistikhöfen, wo sie einen wichtigen Beitrag zu mehr Effizienz sowie zur Vermeidung von Staus und Unfällen leisten können. Auch den Fahrermangel können autonome LKW lindern, eines der großen Probleme der Transportbranche. Alleine in Deutschland fehlen schon heute etwa 100.000 Lkw-Fahrer. Tendenz steigend.
Das Projekt ATLAS-L4 kam also gerade zur rechten Zeit – und es hat gezeigt, wie sich ein derart ambitioniertes Ziel durch die Kombination der richtigen Partner erreichen lässt. Zohm: „Innovationen wie das autonome Fahren erfordern solche Kooperationen, um Zukunftstechnologie in Deutschland und Europa effektiv voranzubringen.“
Text: Christian Buck
Fotos: Ã×ÀÖÌåÓý